Lysosomale Speicherkrankheit – Was ist das?

Lysosomale Speicherkrankheiten bezeichnen eine Gruppe von angeborenen Stoffwechselerkrankungen, die durch Fehlfunktionen in den Lysosomen verursacht werden. Schätzungsweise ist etwa 1 von 8.000 Neugeborenen betroffen. Die Erkrankungen, deren Verläufe und Symptome sehr vielseitig sind, unterscheiden sich häufig auch zwischen den einzelnen Betroffenen. Die Symptome betreffen oft mehrere Organsysteme gleichzeitig und können dabei unspezifisch ausfallen. So kommt es bei vielen der Erkrankungen leider erst zu einer späten Diagnose.

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Seltene Erkrankungen Kurs

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Was sind lysosomale Speicherkrankheiten?

Einstiegsmodul der Zertifikatskurse Morbus Fabry, Morbus Gaucher und Morbus Hunter

LSD Kurs – Betroffene unterstützen

Abschlussmodul der Zertifikatskurse Morbus Fabry, Morbus Gaucher und Morbus Hunters

Ursachen

In jeder Zelle passieren unzählige Stoffwechselprozesse gleichzeitig. Dafür werden zum einen verschiedene Moleküle durch die Zellmembran ins Zellinnere transportiert. Zum anderen entstehen aber auch nicht nutzbare Stoffwechselprodukte, die als Zellabfall in der Zelle verbleiben. Lysosomen agieren dabei als die Recyclinganlagen der Zellen. Sie zerlegen die Abfallstoffe mithilfe von Enzymen in wiederverwendbare Grundbausteine und verhindern so, dass sich überschüssiges Material in Zellen ansammelt.

Funktionieren die Mechanismen des Zerlegens nicht mehr richtig, können sich Stoffwechselprodukte in den Lysosomen verschiedener Zelltypen ansammeln. In der Folge können Funktionsstörungen in verschiedenen Organen und Körperteilen auftreten – eine lysosomale Speichererkrankung.

Morbus Fabry, Morbus Gaucher und Morbus Hunter

Es gibt etwa 45 bekannte lysosomale Speicherkrankheiten. Unter anderem gehören dazu die seltenen Erkrankungen Morbus Fabry, Morbus Gaucher und Morbus Hunter. Klicken Sie auf die Krankheiten, um mehr über sie zu erfahren:

Morbus Fabry

Genetische Ursachen

Bei Morbus Fabry funktioniert das Enzym α-Galactosidase A in den Lysosomen aufgrund einer Genmutation fehlerhaft oder gar nicht. Dieses Gen liegt auf dem X-Chromosom. Man spricht bei der Vererbung daher von einem X-chromosomalen Erbgang. Jungen bekommen ein X-Chromosom von der Mutter und ein Y-Chromosom vom Vater. Mädchen haben zwei X-Chromosomen, jeweils eines von der Mutter und eines vom Vater. Deswegen erkrankt die Tochter eines Mannes mit dem mutierten Gen ebenfalls an Morbus Fabry. An seinen Sohn kann ein Mann das Gen aber nicht weitergeben.

Zertifikatskurs Morbus Fabry

Morbus Fabry Kurs – Die Krankheit verstehen

Modul 1 des Zertifikatskurses

Morbus Fabry Kurs – Symptome und Anzeichen

Modul 2 des Zertifikatskurses

Unterschiedliche Vererbung des X-Chromosoms mit dem defekten Gen von Mutter und Vater auf Töchter und Söhne

Symptome

Morbus Fabry kann sich als Multiorgankrankheit durch eine Vielzahl an verschiedenen Symptomen äußern. Die Erkrankung kann das Innenohr, die Augen, die Lunge, das Herz und die Blutgefäße, die Nieren, den Verdauungsapparat, den Bewegungsapparat, die Haut, das Nervensystem und/oder die Psyche betreffen. Verlauf und Schweregrad von Morbus Fabry sind dabei, wie die Symptome, ebenfalls individuell.

Schmerzen

Ein häufiges erstes Symptom bei Morbus Fabry sind brennende Schmerzen und Kribbeln in Händen und Füßen. Diese können sowohl dauerhaft als auch periodisch in Episoden auftreten. Eine besonders schwerwiegende und belastende Form der episodischen Schmerzen sind die sogenannten Schmerzkrisen (Fabry-Krisen).

Behandlung

Behandlung der Ursache

Zur Behandlung bei Morbus Fabry stehen momentan zwei Ansätze zur Verfügung. Bei einer Enzymersatztherapie wird regelmäßig das funktionierende Enzym per Infusion verabreicht, welches die Funktion der fehlerhaften α-Galactosidase A ersetzt. Die Chaperontherapie steht als Tablette zur Verfügung. Die darin enthaltenen Chaperone lagern sich an fehlerhafte Enzyme an und unterstützen sie dabei, ihre natürliche Funktion auszuführen.

Behandlung der Symptome und Begleiterkrankungen

Um die Lebensqualität der Patient*innen zu verbessern, kann eine zusätzliche symptomatische Therapie genutzt werden, um beispielsweise Schmerzen zu lindern oder die Funktionsfähigkeit der Organe zu unterstützen.

Schmerzen

Fabry-Krisen können für Betroffene eine der größten Einschränkungen der Erkrankung darstellen. Die Behandlung ist dabei nicht einfach. Generell kann die Therapie Schmerzen lindern. Schmerzkrisen werden jedoch häufig auch durch bestimme Auslöser wie Stress verursacht. Wenn Betroffene diese Auslöser kennen, können sie aktiv vermieden werden.

MORBUS GAUCHER

Genetische Ursachen

Morbus Gaucher wird durch einen genetisch bedingten Defekt des Enzyms Beta-Glukozerebrosidase verursacht. Dieses Enzym ist im Normalfall für den Abbau der Beta-Glukozerebroside in den Zellen zuständig. Die krankheitsauslösenden Mutationen betreffen das sogenannte GBA-Gen auf der Chromosomenregion 1q21. Morbus Gaucher wird autosomal rezessiv vererbt, wodurch sich die Erkrankung nur ausprägt, wenn ein Nachkomme sowohl von der Mutter als auch vom Vater ein betroffenes Gen erhält.

Zertifikatskurs Morbus Gaucher

Morbus Gaucher Kurs – Die Krankheit verstehen

Modul 1 des Zertifikatskurses

Morbus Gaucher Kurs – Symptome und Anzeichen

Modul 2 des Zertifikatskurses

Wahrscheinlichkeit von Morbus Gaucher

Symptome

Die nicht-neuronopatische Ausprägungsform

Morbus Gaucher kann in drei verschiedenen Ausprägungsformen auftreten. Bei der nicht-neuronopathischen Verlaufsform (Typ 1) kommt es zu keinen neuronalen Manifestationen, jedoch können viele verschiedene Organsysteme von den erkrankten Zellen unterwandert und geschädigt werden. Symptome unter denen Betroffene sehr häufig leiden umfassen u. a. Organomegalien (Organvergrößerungen), Thrombozytopenie (Blutplättchen-Mangel), Knochenschmerzen und Lungenerkrankungen. Dabei ist das klinische Erscheinungsbild sehr variabel. Manche Patient*innen bleiben ein Leben lang asymptomatisch, während andere bereits in der frühen Kindheit Symptome entwickeln.

Die akut neuronopatische Ausprägungsform

Bei der akut neuronopathischen Verlaufsform (Typ 2) von Morbus Gaucher treten neben den Symptomen der nicht-neuronopatischen Form auch neurologische Symptome bei den Betroffenen auf. Es handelt sich um die schwerste Ausprägungsform, die von einer sehr frühen und schweren Beteiligung des Nervensystems geprägt ist. Bereits im Säuglingsalter kann es zu schweren Organomegalien und Dysfunktionen im Hirnstamm kommen, wodurch die meisten Betroffenen noch vor dem 3. Lebensjahr versterben.

Die chronisch neuronopatische Ausprägungsform

Die chronisch neuronopathische Verlaufsform (Typ 3) ist ebenfalls durch eine neurologische Beteiligung gekennzeichnet, allerdings zeigt sie einen späteren Krankheitsbeginn und einen milderen Krankheitsfortschritt als die akut neuronopathische Form. Typische Symptome sind hier ausgeprägte Organomegalien, starker Knochenbefall und fortschreitende Schädigungen verschiedener Gehirnregionen.

Behandlung

Behandlung der Ursache

Momentan gibt es zwei verschiedene Therapieansätze, mit denen Morbus Gaucher ursächlich behandelt werden kann.

Die Therapieansätze bei Morbus Gaucher (Enzymersatztherapie)

Bei der Enzymersatztherapie wird das fehlende Enzym Beta-Glukozerebrosidase synthetisch hergestellt und den Betroffenen intravenös als Infusion zugeführt. Ziel ist es, den Enzymdefekt auszugleichen und so den Gesundheitszustand zu stabilisieren.

Die Therapieansätze bei Morbus Gaucher (Substratreduktionstherapie)

Bei der Substratreduktionstherapie wird die Glukozerebrosidase-Synthase (Enzym zur Herstellung von Glukozerebrosiden) gehemmt, wodurch keine weiteren Glukozerebroside mehr hergestellt werden. So kann die Ansammlung der Glukozerebroside in den Zellen reduziert und eine Symptomlinderung erzielt werden.

Behandlung der Symptome

Um den Leidensdruck Betroffener zu vermindern, sollten neben ursächlichen Therapieansätzen auch symptomatische Behandlungen durchgeführt werden. Dazu gehören beispielsweise eine Splenektomie (Entfernung der Milz), eine Lebertransplantation und orthopädische Eingriffe. Auch eine Psychotherapie kann sinnvoll sein, um die Patient*innen mental zu unterstützen.

MORBUS HUNTER

Genetische Ursachen

Morbus Hunter ist eine Erbkrankheit, die durch einen Defekt im Gen für das Enzym Iduronat-2-Sulfatase verursacht wird. Das Enzym wird dazu benötigt, Glykosaminoglykane in den Lysosomen der Zellen abzubauen. Durch den Gendefekt bei Morbus Hunter sammeln sich die Glykosaminoglykane in den Lysosomen der Zellen an und führen zu Schädigungen verschiedener Organsysteme. Das betroffene Gen befindet sich auf dem X-Chromosom und wird rezessiv vererbt. Söhne erhalten ein X-Chromosom von ihrer Mutter und ein Y-Chromosom von ihrem Vater, während Töchter jeweils ein X-Chromosom von ihren Elternteilen vererbt bekommen. Wenn ein Vater erkrankt ist, würde er also das betroffene X-Chromosom an seine Tochter vererben, während sein Sohn den Gendefekt von ihm nicht erhalten kann.

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Morbus Hunter Kurs – Symptome und Anzeichen

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Die unterschiedlichen Erbgänge bei erkrankter Mutter oder erkranktem Vater

Symptome

Die nicht-neuronopathische Ausprägungsform

Morbus Hunter kann in zwei verschiedenen Ausprägungsformen auftreten und somit verschiedene Krankheitsverläufe haben. Bei der nicht-neuronopathischen Verlaufsform können einige Organsysteme des Körpers betroffen sein, jedoch treten keine neurologischen Symptome auf. Typische Auswirkungen auf den Körper sind beispielsweise Dysmorphien (Veränderungen) im Gesicht, Atemwegsprobleme, skelettale Fehlbildungen oder kardiologische Einschränkungen wie Herzklappenfehler.

Die neuronopathische Ausprägungsform

Bei der neuronopathischen Verlaufsform von Morbus Hunter treten zusätzlich, neben den Symptomen der nicht-neuronopathischen Form, neurologische Einschränkungen auf. Die Auswirkungen auf das zentrale Nervensystem können u. a. zu einem Verfall der Sprach- und Lernfähigkeit und weiteren Verhaltensauffälligkeiten wie Hyperaktivität führen.

Behandlung

Behandlung der Ursache

Morbus Hunter kann durch eine Enzymersatztherapie ursächlich behandelt werden. Dabei wird das fehlende Enzym Iduronat-2-Sulfatase synthetisch hergestellt und den Patient*innen zugeführt. So kann der Abbau der Glykosaminoglykane wiederaufgenommen und der erblich bedingte Enzymdefekt ausgeglichen werden.

Behandlung der Symptome

Um die verschiedenen Symptome von Patient*innen zu behandeln und so ihre Lebensqualität zu verbessern, sollten je nach Krankheitsform verschiedene Therapieformen in Betracht gezogen werden. Klassische Anlaufstellen umfassen beispielsweise Kardiolog*innen, Orthopäd*innen, Neurolog*innen oder HNOs. Häufig werden Pädiater als erste aufmerksam und überweisen dann in eine spezialisierte Stoffwechselambulanz.

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